Markenführung beginnt intern: Auch im Intranet


Der Unternehmenserfolg hängt auch im digitalen Zeitalter von einer durchdachten Markenstrategie ab. Nur mit einer klar definierten Marke können Produkte und Dienstleistungen überzeugend präsentiert werden. Damit aber die „Marke als Leitstern“ funktionieren kann, braucht es Botschafter. Allen voran die Mitarbeiter, die sie im täglichen Umgang mit den Kunden zum Leben erwecken. Das Intranet im Unternehmen spielt dabei eine wichtige Rolle.

BMW ist im Jahr 2014 der deutsche Marken-Meister. Das hat zumindest die jährliche Digital Brand Champion-Studie festgestellt, die von der Berliner Strategieagentur diffferent GmbH gemeinsam mit dem Magazin Wirtschaftswoche erstellt wird. Anhand einer „Digital Brand Scorecard“ mit den vier Erfolgsfaktoren Digital Brand Integrity, Digital Brand Assets, Digital Relationship Value und Digital Innovation Leadership, für die jeweils 4 Key Performance Indicators (KPIs) zu bewerten waren, wurden dazu die digitalen Strategien von 125 Marken in Deutschland analysiert. Mit 131,8 Punkten siegte BMW vor Audi (126,3), adidas (116,2) und Sony (115,7).

Der Gewinner BMW schneidet in allen vier erfolgsentscheidenden Kategorien durchgängig sehr gut ab und ist deshalb auch Gesamtsieger der Studie“, sagt Alexander Kiock, Geschäftsführer von different. Die Marke BMW erfülle nicht nur alle technologischen Kriterien und glänze mit zahlreichen Innovationen, sie trete darüber hinaus in allen elektronischen Plattformen konsistent auf, sei sehr populär, genieße gerade in den sozialen Medien eine sehr hohe Aufmerksamkeit und verfüge dort auch über eine starke Community.

Unternehmen bauen eigene Marken-Plattformen auf

Insgesamt – so der Markenexperte – habe sich bei der aktuellen Studie gezeigt, dass sich „Engagement und Investments in die digitalen Kanäle und sozialen Medien unmittelbar auszahlen“. Erfolgreiche Marken nutzten dabei neben den Platzhirschen wie Facebook, Twitter etc. zunehmend auch eigene Plattformen, „weil sie im digitalen Raum gelernt haben, dass sie wichtige Schnittstellen zur Lebenswelt ihrer Kunden selbst gestalten müssen.“ Denn die Qualität des Markenerlebnisses muss nicht nur am Handelsplatz, in der analogen Kommunikation, bei Events und im Kundenbeziehungsmanagement bzw. im Service absolut perfekt sein, sondern eben auch auf sämtlichen digitalen Touchpoints. Kiock: „Das bedeutet, dass die Marken ihren eigenen Content noch stärker auf die Bedürfnisse der Menschen ausrichten müssen, um mit starken Stories Kunden zu gewinnen und involviert zu halten.“

Dabei darf auch im digitalen Umfeld Markenführung nicht mit Werbung verwechselt werden. Während diese punktuell Aufmerksamkeit für ein Unternehmen oder ein Produkt erzeugt, ist Markenführung eine bereichsübergreifende Management-Aufgabe. Es geht dabei darum, alle Unternehmensaktivitäten langfristig auf ein markantes Leistungs- und Werteversprechen zu fokussieren und Alleinstellungsmerkmale für Kunden ganzheitlich erlebbar zu machen. Die Voraussetzung für das „ganzheitliche Erleben“ einer Marke durch den Kunden ist deren allgegenwärtige Präsenz im Unternehmensalltag – bei allen Mitarbeitern, in allen Abteilungen und Abläufen.

Dieser wichtige Aspekt wird allerdings in der Digital Brand Champion-Studie nicht näher betrachtet, obwohl er für die Markenführung äußerst relevant ist. Gerade BMW ist hier ein Vorreiter, hat doch der Münchner Autobauer bereits vor Jahren ein eigenes Markenlabor eingerichtet: In diesem „Brand and Customer Institute“ werden Jahr für Jahr über zehntausend Mitarbeiter und Händler in die Markenwelt der drei unter dem Dach der BMW-Group versammelten Automarken eingeführt. Schwerpunkte der Markentrainings sind die Vermittlung der BMW-Markenidentität, die Darlegung der Markenhistorie, die Einschätzung markenbezogener Kundenerwartungen sowie personen- und aufgabenbezogene Möglichkeiten zur Einlösung des Markenversprechens im direkten Kundenkontakt.

Internal Branding bleibt häufig weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Insgesamt 65 Instrumente, die zur internen Verankerung der Markenidentität genutzt werden können“, zählt Prof. Dr. Karsten Kilian, der mit Markenlexikon.com das größte Markenportal Europas aufgebaut hat. Dazu zählen neben Broschüren, Flyern und Marken-Handbüchern beispielsweise auch Videobotschaften, Lernlandkarten, Workshops, finanzielle Anreizsysteme oder Mitarbeitergespräche. Die architektonische Gestaltung der Firmenzentrale – im Falle des Münchner Autobauers der „BMW Vierzylinder“ – kann ebenfalls Tag für Tag eine Markenbotschaft an die Beschäftigten transportieren.

Mitarbeiterzeitschrift und Intranet spielen Hauptrolle

Die wichtigste Rolle bei der langfristigen internen Verankerung von Markenkern und -werten spielen nach den Erkenntnissen des Experten aber die Mitarbeiterzeitschrift und das Intranet: „Denn interne Markenverankerung ist keine einmalige Angelegenheit, sondern muss kontinuierlich betrieben werden, um dauerhaft zum Unternehmenserfolg beitragen zu können“. Doch genau daran hapert es in vielen Firmen. „Internal Branding bleibt häufig weit hinter seinen Möglichkeiten zurück“, kritisiert Prof. Killian.

Das bestätigt auch eine Studie des Rates für Formgebung und der GMK Markenberatung. Danach erwarten drei Viertel der befragten Markenmanager, dass markenkonformes Mitarbeiterverhalten für die Markenführung wichtiger wird. Im B2B-Sektor rechnen damit sogar 86%. Doch trotzdem sehen nur 54% der Befragten in ihrem Unternehmen einen engen Zusammenhang zwischen der Markenpositionierung und der gelebten Kultur ihres Unternehmens. Und erst 36% der Unternehmen haben aus der Markenpositionierung konkrete Verhaltensrichtlinien abgeleitet.

Dass Unternehmenskultur und Markenpositionierung oft keine Einheit bilden, liege, so die Studienautoren, zumeist an den fehlenden Voraussetzungen für die Vermittlung der Markeninhalte. In nur 45% der befragten Unternehmen ist beispielsweise die Dokumentation der Markenpositionierung allen Mitarbeitern zugänglich – und lediglich 40% gaben an, dass die Positionierung den Mitarbeitern bekannt ist. Ziel der internen Markenführung sei es jedoch, den Mitarbeitern die Markeninhalte so zu vermitteln, dass das Markenversprechen nach Möglichkeit an allen Kunden-Kontaktpunkten eingelöst wird. Dafür müsse jeder Mitarbeiter mit der Markenpositionierung vertraut sein und über das nötige Wissen und die Motivation verfügen, sich markenkonform verhalten zu können.

Geringe Investitionsbereitschaft für neue Tools

Dass der internen Markenführung häufig nur ein begrenzter Stellenwert beigemessen wird, zeigt sich auch in der geringen Investitionsbereitschaft: So stehen nur in wenigen Unternehmen separate Budgets zur Verfügung (15%), um die Markenwerte bei der Belegschaft nachhaltig zu verankern. Die Betrachtung der eingesetzten Tools für das interne Markenmanagement zeigt, dass in der Regel bereits vorhandene Instrumente genutzt werden, die keine zusätzlichen Kosten verursachen: Insbesondere Intranet und interne E-Mail-Kommunikation (85%), interne Events (83%), CD-/CI-Manuals (81%) sowie die Mitarbeiterzeitschrift (62%) wurden von den Markenverantwortlichen genannt.

Corporate Intranets vor allem Informationsplattform

Wobei eine Stichproben-Befragung der Agentur IPI GmbH im fränkischen Lichtenau zeigt, dass die Corporate Intranets heutzutage am häufigsten als reine Informationsplattform genutzt werden (81%). Für die Zusammenarbeit spielen die Firmenportale derzeit nur vereinzelt eine Rolle (19%). Dies zeigt sich auch bei der Nutzung von Funktionen: News, Dokumentenmanagement und Suche sind die überwiegend genutzten Features – abseits des Speiseplans der Firmenkantine: Bei Unternehmen, die diesen zur Verfügung stellen, gehört er zu den beliebtesten Informationsangeboten. Social Features wie Newsfeed, Profilseiten und Kommentar- oder Bewertungsmöglichkeiten sind derzeit noch rar gesät. In einigen Unternehmen werden sie gerade erst eingeführt (11%), spielen gar keine (30%) oder eine noch untergeordnete Rolle (35%).

Die Intranet-Verantwortlichen – so die Befragung – kämpfen derzeit vor allem um die Akzeptanz der Plattformen bei den Mitarbeitern (41%), beschäftigen sich mit der Personalisierung des Angebots oder der Führungskräftekommunikation sowie einer bidirektionalen Kommunikation (je 18%). Mitarbeiter kompetent und engagiert zu informieren, dabei transparent zu sein und die Beschäftigten gezielt einzubeziehen, hat demnach immer noch eine sehr große Bedeutung. Gleichzeitig ist den Projektverantwortlichen bewusst, dass vor allem das Management sensibilisiert werden muss, sensibel, umfassend und wertschätzend zu kommunizieren.

Soziale Medien halten Einzug in die Intranets

Durch die Internal-Branding-Brille betrachtet, hat ein Intranet drei wichtige Dimensionen“, sagt Johannes Angerer, Partner bei Identäter, einer Agentur für Internal & Employer Branding in Österreich:

  1. Dialogfähigkeit und audiovisuelle Möglichkeiten erheben es zum vielleicht mächtigsten Kanal in der Markenkommunikation nach innen. Von gefilmten „Elevator-Speeches“ bis zum Markendialog mit dem Vorstand finden wir in guten Intranets viele Beispiele.
  2. Es ist ein exzellentes Sensorium, um Werte aufzuspüren und Mitarbeiter in Werteprozesse einzubinden. Das hat zwar Seltenheitswert, ist aber nichts Neues: 2003 erforschte IBM über einen dreitägigen „Value Jam“ mit Zehntausenden von Teilnehmern erfolgreich seine Markenwerte.
  3. Das wichtigste: Das Intranet ist gelebte Marke. Design, Sprache, Inhalt, Funktionalität, Service: jeder User fühlt unbewusst, welche Werte hier wirklich am Werk sind.

Als wichtiger interner Brand-Touchpoint wird das Intranet von morgen zentraler Startpunkt für viele Alltags-Anwendungen und Kooperationsplattform für Teams sein sowie den Mitarbeitern maßgeschneiderte Informationen liefern – stets zum richtigen Zeitpunkt, live und an jeden Ort dieser Welt. Dabei halten soziale Medien zunehmend Einzug in die Corporate Intranets. Bei deren Auswahl und dem Umgang mit ihnen macht die jeweilige Unternehmenskultur einen wichtigen Unterschied.

Da ein Intranet in verschiedenen Unternehmen unterschiedliche Aufgaben erfüllen soll, gibt es nicht das eine perfekte Intranet für alle Unternehmen, sondern nur ein für jedes Unternehmen das individuell passende Intranet. Diese Checkliste hilft bei der Projektvorbereitung. Die Entscheidung für ein klassisches CMS oder SharePoint, Wikis, Yammer und Blogs hängt vor allem damit zusammen, wie das Unternehmen und seine Mitarbeiter kommunizieren. Das ist bei Entwicklungsingenieuren nun einmal anders als bei Vertrieblern oder Marketingleuten. Vor allem für Führungskräfte bedeutet die neue Offenheit, Schnelligkeit und Interaktivität eine wesentliche Änderung ihres Kommunikationsstils. Authentizität und Transparenz sind jetzt die bestimmenden Elemente – auch für das interne Branding.

Überforderung durch „soziales Rauschen“

Wobei es auch in einem Social Intranet vor allem darauf ankommt, den Mitarbeitern verlässliche Informationen zu liefern und ihnen die Kernbotschaften aus Unternehmenssicht verständlich und nachhaltig zu vermitteln. Eine dialogische Kommunikation, etwa mit der Möglichkeit zu kommentieren oder zu bewerten, ist hier durchaus sinnvoll. Kritisch wird es allerdings, wenn Mitarbeiter sich aus einem langen Strom an Benachrichtigungen im Activity Feed die relevanten und wichtigen Nachrichten mühsam herausfiltern müssen. Das aus Facebook, Twitter & Co. bekannte „soziale Rauschen” ist in der Unternehmenskommunikation eher störend, zeitaufwändig und lenkt von den eigentlichen Themen ab.

Die aus Kommunikationssicht vielversprechendste Informationsstruktur ist ein redaktionell hochwertig produziertes Intranet mit belastbaren und Orientierung bietenden Inhalten“, betont Lutz Hirsch, Executive Partner der Hamburger Agentur Hirschtec. Soziale Funktionen wie „kommentieren“, „bewerten“ und „folgen“ sollten themenorientiert umgesetzt werden, so dass Mitarbeiter die für ihr Arbeitsumfeld wichtigen Inhalte schnell wahrnehmen und nachverfolgen können. „Social Networking” auf Personenebene werde dann in einem separaten Kollaborationsbereich angeboten, der aus Sicht der Unternehmenskommunikation zwar beobachtet und teilweise moderiert, nicht aber für die Platzierung nachhaltiger Informationen genutzt wird.

Hirsch verweist dabei auf das Beispiel des Wuppertaler Direktvertriebsspezialisten Vorwerk („Kobold“, „Thermomix“), der inklusive seiner Handelsvertreter weltweit rund eine halbe Million Menschen in über 60 Ländern und über sein Intranet auf dem Laufenden halten will. Der internationale Rollout des Mitarbeiterportals hatte unter anderem zum Ziel, schnell global gültige Informationen der Holding bis in die einzelnen Landesgesellschaften kommunizieren zu können.

Aufgrund der organisatorischen Struktur war dies ein wichtiges Anliegen der Unternehmensleitung, damit die Gruppe „enger zusammenrückt“ und besser informiert ist. Deshalb ist die Startseite des Portals in „Company News“ mit aktuellen Informationen aus dem eigenen Unternehmensbereich und „Konzern-News“ unterteilt, der einen „Blick über den Tellerrand“ erlaubt. Über eine Metanavigation werden die Bereiche „Intranet“ und „myWorkplace“ angeboten und damit Unternehmensnachrichten und Informationen zur Organisation von der fluiden Kommunikation in Communities und Projekten bewusst getrennt.

Auch der PKW-Hersteller Mercedes-Benz nutzt sein Intranet, um das interne Branding voranzutreiben. Interessierte Mitarbeiter können sich dort als „Markenbotschafter“ registrieren und erhalten direkt vom Markenmanagement des Konzerns Informationen über neue Maßnahmen. Diese Form der Partizipation danken die Beschäftigten mit viel Feedback und guten Ideen. „Es ist unglaublich, welche Motivation und welches Engagement diese Mitarbeiter an den Tag legen“, konstatiert Tanja Kurz, verantwortlich für das Markenmanagement der Marke Mercedes-Benz PKW. So etwas könne man nicht von oben anordnen, sondern lebe von der Selbstmotivation der Beteiligten.

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