Interview: Wie Opera sich im Browser-Markt behauptet


Opera setzt sich mit speziellen Experiences gegen andere große Browser durch

Opera ist ein Urgestein unter den Browsern. Doch das Unternehmen ist alles andere als von der Bildfläche verschwunden. Neben Platzhirschen wie Chrome, Safari und Co. weiß es sich mit einem besonderen Ansatz zu behaupten. Auf der DMEXCO haben wir mit Per Wetterdal, EVP Commercial bei Opera, gesprochen, der uns zu Herausforderungen, Chancen und Strategien des Browsers in einem umstrittenen Markt Rede und Antwort gestanden hat.


contentmanager.de: Erzähle uns etwas mehr über die Geschichte von Opera. Wie seid ihr dort hingekommen, wo ihr heute seid?


Per Wetterdal: Im nächsten Jahr feiern wir 30-jähriges Bestehen, wir sind also jetzt schon etwas länger dabei. Nahezu seit der Entstehung des Internets, wie wir gerne sagen. Damals, 1994, sah das Internet noch völlig anders aus. Der Zugang war nicht gewährleistet, erst recht nicht von mobilen Geräten. Browser waren damals nicht gut genug, sie reizten die Kapazität des Computers aus, Downloads stürzten oft ab und man konnte die gewünschte Webseite nicht sehen. Die wiederum waren meist schwer zu rendern – das wollte Opera ändern: Das Rendering von Grund auf erneuern und den Browser von jedem Device mobil zugänglich gestalten – ein damals visionäres Vorhaben.

In Zusammenarbeit mit Telenor, der norwegischen Telefongesellschaft, wurde ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt gestartet, aus dem schließlich Opera entstand. Anfangs haben wir uns durch B2B Projekte finanziert, wie Lizensierungen an OEMs (Original Equipment Manufacturer), während das B2C Produkt langsam an Fahrt aufnahm. Heute hat der Browser über 300 Millionen User und wir können neue Experiences integrieren, neue Einnahmequellen generieren und dazu mit globalen Partnern wie Google und Amazon oder lokal mit Partnern wie Otto zusammenarbeiten.

Abgrenzung durch einzigartige Experiences


contentmanager.de: Wie genau schafft es Opera heute, Gewinne zu machen und sich gegen größere Wettbewerber zu behaupten?


Per Wetterdal: Tatsächlich haben wir es zuletzt geschafft, im zehnten Quartal in Folge 20 % oder mehr Wachstum zu verzeichnen und damit das obere Ende vorheriger Prognosen zu Umsatz und bereinigtem EBITDA zu übertreffen. Und das als kostenfreies Produkt, das wir über digitale Werbung in verschiedenen Kapazitäten monetarisieren. Wir sind stolz darauf, dass wir solche Ergebnisse erzielen und trotzdem ein unabhängiger Player bleiben können. Wir sind nicht Teil eines globalen Ökosystems und auch nicht als Teil eines Betriebssystems vorinstalliert. Das heißt, wir müssen für jeden einzelnen User kämpfen. Jeder Kunde muss sich bewusst für uns entscheiden. Dass wir es geschafft haben, ein 400 Millionen Dollar Unternehmen mit über 300 Millionen Usern weltweit aufzubauen, heißt eben auch, dass wir etwas richtig gemacht haben. Die Challenge ist heute aber eine andere als noch bei unserem Start.

Heute heißt es, sich durch einzigartige Experiences und Services abzusetzen, was wir zum Beispiel mit unserem Browser für Gamer auch gemacht haben – Opera GX. Wir als kleinerer Anbieter mit dem Browser als Kerngeschäft hatten die Freiheit, uns auf ein Segment unserer User zu konzentrieren und zu überlegen, wie wir dieses verbessern können. Die mittlerweile große Gruppe der Gamer sind oft Multi-Tasker, sie spielen ein Spiel, streamen, chatten und sind auf Discord. Wir haben die Browsing-Experience genau darauf abgestimmt. Gamer können die zur Verfügung stehende Bandbreite bei Opera individuell allokieren, so dass zum Beispiel für den wichtigsten Part, das Game, mehr zur Verfügung steht.

Dieses Konzept haben wir noch erweitert: Gamer modden gerne, sie möchten ihre Games individuell anpassen. Durch uns haben sie auch die Möglichkeit, ihren Browser zu modden, das gesamte User Interface zu übernehmen und Soundeffekte sowie Wallpaper einzubauen. Außerdem haben wir mit Opera GX ganz andere Möglichkeiten, den Browser zu bewerben: Wir können mit Influencern und Streamern zusammenarbeiten, die den Browser selbst verwenden und ihn ihrer Audience so authentisch weiterempfehlen können. Heute hat Opera GX über 25 Millionen monatlich aktive User.

 

Die Desktopanzeige von Opera GX
Die Desktopanzeige von Opera GX


contentmanager.de: Also entscheiden sich viele eurer User bewusst für den Browser, weil er ihnen spezifische Vorteile und auf sie abgestimmte Experiences bietet. Gibt es weitere Zielgruppen, auf die Opera sich fokussiert?


Per Wetterdal: Das Konzept des Category Browsers haben wir noch ausgebaut und zum Beispiel vor einigen Tagen unsere Schach Experience gelauncht. Dazu arbeiten wir mit chess.com, dem größten Online-Schachportal, zusammen, auf dem es viele Inhalte und Spiele zum Thema gibt. Wenn ein Opera User auch Schach-Fan ist, kann er oder sie sich jetzt die Schach Konfiguration in den Browser holen. Die bietet Wallpaper, themenbezogene Inhalte und die Möglichkeit, Schach zu spielen, während man surft. Aktuell planen wir noch weitere, ähnliche Erweiterungen und haben zum Beispiel seit dem Frühling auch Integrationen für Live-Sport und Fußball, die User mit Live-Scores und Infos zu ihren favorisierten Teams versorgen. 

Werbestrategien des Opera Browsers


contentmanager.de: Opera finanziert sich größtenteils durch Werbung. Wie genau funktioniert das?


Per Wetterdal: Das werden wir oft gefragt – wie sind wir profitabel? Wir verdienen Geld in drei verschiedenen Bereichen: Erstens monetarisieren wir den Traffic, wenn User die Suchmaschine benutzen. Der Werbende arbeitet also mit einem unserer Suchmaschinen-Partner, der dann diesen Umsatz mit uns teilt. Das macht etwa 40% unserer Einnahmen aus. Zweitens haben wir auf unserer Startseite Vorschläge beliebter Services implementiert, zum Beispiel beliebter E-Commerce oder Reise Partner. Hier gestalten wir die perfekte Konfigurierung für jeden User, ein Gamer erhält also andere Vorschläge als ein Standard-User. Hier monetarisieren wir durch den direkten Partnerkontakt, aber auch durch Agenturen. Und drittens monetarisieren wir Inhalte, die User sehen, wenn sie unseren Contentfeed besuchen. Hier können sie einfach scrollen und erhalten von einer AI zu ihren Interessen passende Inhalte vorgeschlagen. Wir werden also zu einem klassischen Publisher und integrieren gesponserte Inhalte, Videos oder Banner. 


contentmanager.de: Der generelle Marketingspent ist in den letzten Jahren gewachsen, aktuell flacht er allerdings ab. Was ist Operas Antwort auf die ökonomische Situation? Wenn ihr weiter wachsen wollt, müsst ihr Market Share von Mitbewerbern abgreifen, oder?


Per Wetterdal: Sicher erfahren wir bei der globalen Distribution einiges an Gegenwind durch die Rezession oder andere Gründe. Dennoch denke ich, dass wir unseren Marktanteil erweitern können. Wir sind eher in der Nische, können aber genau dort unsere Chancen und Möglichkeiten finden, wie wir es mit Opera GX bereits beweisen konnten. Genauso im Ad Bereich – wenn wir weiterhin die richtigen Dinge tun, können wir dieses Wachstum erfahren. Weil unser User-Wachstum an das Core Business gebunden und komplett organisch ist, sind wir außerdem in einer starken Position, um Investments zu tätigen, wenn uns Hürden gegenüberstehen.


Operas Pläne für die Peak-Season 2023


contentmanager.de: Wie sieht die Roadmap bis zum Ende des Jahres aus?


Per Wetterdal: Wir bewegen uns jetzt ins Q4, die beste Zeit des Jahres im Ad Business, die Shopping Season. Da geht es für uns vor allem darum, besonders eng mit unseren Partnern zusammenzuarbeiten. So gewährleisten wir, dass wir bestens optimiert und vorbereitet sind, um diesen Rückenwind, den Q4 normalerweise mit sich bringt, mitzunehmen.


contentmanager.de: Und mit der Black Week und Cyberweek ist die übliche Saison für das Weihnachtsshopping noch mal verlängert.


Per Wetterdal: Genau und noch dazu beteiligen wir uns global und nicht nur in der US Shopping Season. In Asien zum Beispiel ist es genauso verrückt, auch an Tagen wie dem 11.11.. Es geht rund um die Welt und rund um die Uhr. Also müssen das Team und ich unsere Anstrengungen noch einmal verdoppeln. Wir müssen uns mit unseren Partnern absprechen, ihre Bedürfnisse herausfinden und gemeinsam planen, wie wir ihnen helfen können. Auch die Zusammenarbeit mit den Produktteams wird noch einmal enger, damit diese Dinge umgesetzt werden. Auch im Hinblick auf das nächste Jahr, wenn uns wieder neue Erwartungen begegnen.

Über den Interviewpartner

Per Wetterdal, Interviewpartner von OperaQuelle: Opera Per Wetterdal arbeitet seit 2007 bei Opera und hat sich in dieser Zeit vom Account Executive bis zu seiner aktuellen Position als EVP Commercial hochgearbeitet. Vor seiner Tätigkeit bei Opera war Per Wetterdal sieben Jahre bei Alcatel-Lucent im Business Development und als Solution Architect und Pre-Sales Engineer tätig. Davor arbeitete er als Sales Manager bei InterScandinavia Telecom. Zu Per’s derzeitigen Aufgaben gehören die globale Geschäftsentwicklung, strategische Partnerschaften und der Verkauf von Werbung.

Bildquellen

  • per-wetterdal-opera-interview-min: Opera
  • opera_logo_full-color_red_positive_horizontal_rgb: https://brand.opera.com/1472-2/opera-logos/
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