Mobile Payment – Wie zahlen wir in Zukunft?


Kein Land in Europa hält so sehr am Bargeld fest wie Deutschland. Ob in Kneipen, am Kiosk oder am Parkschein-Automat – vielerorts haben wir gar keine andere Wahl als Bargeld dabei zu haben. Zukunftsweisend? Fehlanzeige! Bis lang ist die Skepsis unter politischen Entscheidern und der Gesellschaft gegenüber neuen und virtuellen Bezahlverfahren hoch. Besonders im Einzelhandel sind Girocard, Lastschrift und Kreditkarte weiterhin die vorgegebenen Zahlungsoptionen. Besonders mobile Zahlungsverfahren, bei denen das Smartphone zur virtuellen Geldbörse wird, sind in anderen Ländern stark auf dem Vormarsch und dabei Finanzmärkte nachhaltig zu verändern. Die Frage ist: Können sich neue Zahlungsverfahren, wie Mobile Payment, in Deutschland bei all der Skepsis überhaupt durchsetzen?

Das Markt- und Meinungsforschungsunternehmens Civey hat im Auftrag des eco – Verbands der Internetwirtschaft e. V. in einer aktuellen Umfrage dazu ermittelt, dass 48,2 Prozent der Befragten Mobile Payment nicht vertrauen, weil sie Sicherheitsbedenken haben. 52 Prozent von ihnen denken sogar, dass Mobile Payment die Kredit- oder girocard nicht ablösen werden. Während die Services mancher Anbieter in anderen Ländern bereits vollkommen etabliert sind, ist die Skepsis in Deutschland weiterhin groß und das Vertrauen in die etablierten Sparkassen und Finanzinstitute groß. Die Bedenken zum Thema Mobile Payment basieren sicherlich auch auf der generellen Skepsis zur Datensicherheit von Smartphones. Mobiles Bezahlen setzt zwingend die Nutzung eines solchen voraus. Denn prinzipiell ist Mobile Payment: Das Bezahlen mit dem Smartphone.

Wenig verwunderlich, dass die Generation die mit Smartphones aufgewachsen sind, eine höhere Akzeptanz gegenüber neuen Payment-Technologien haben – sie fordern sie sogar. Die Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen haben einen Nutzeranteil von Smartphones über 90 Prozent (Statista 2018). Stand 2018 besitzen 68% der Deutschen ein Smartphone – Tendenz weiter steigend. Unsere Gesellschaft sollte also rein technologisch auf diese Veränderungen eingestellt sein.

„Near Field Communication“ (kurz: NFC) liefert die Grundlage dafür, dass mobiles Bezahlen im Einzelhandel überhaupt funktioniert. Alles, was der Nutzer braucht, um beispielsweise an der Kasse seines Supermarkts mobil bezahlen zu können, ist ein Smartphone (NFC-kompatibel), eine Wallet-App und ein entsprechendes Terminal. Heute sind die meisten Lese-Geräte bereits mit NFC-Schnittstellen versehen – genutzt werden sie leider noch selten. Wer heute schon eine kompatible Kreditkarte oder Girocard besitzt, kennt das Prinzip bereits. Zur Zahlungsabwicklung wird die Karte einfach kurz am Terminal auf das NFC-Feld gelegt oder gehalten. Kontaktlos wird anschließend automatisch abgebucht und bis zu einer Summe von 25 Euro sogar ohne PIN-Eingabe. Dadurch wird zum einen der Bezahlvorgang als solches beschleunigt, zum anderen können Kunden im Geschäft schneller an Kassen abgewickelt werden. Das freut jeden, der nicht gern in einer Schlange ansteht.

Das Smartphone ersetzt das Portemonnaie

Es geht noch viel einfacher: Auftritt Smartphone. Das Smartphone hat bereits etliche Geräte unseres Alltags ersetzt. Nahezu jede technologische Entwicklung der letzten Jahre involviert in irgendeiner Form das Smartphone als Bedieneinheit. Und auch Werkzeuge wie Maßband und Wasserwaage hat es schon abgelöst. Weil moderne Geräte so leistungsfähig wie ein Laptop sind, eigenen sie sich hervorragend für mehr als Kameraersatz und Fernbedienung.

2012 stellte Apple im Rahmen von iOS 6 auch das Apple Wallet (ehemals Passbook) vor – Die erste digitale Geldbörse. Google zog verhältnismäßig zügig nach und bietet seitdem einen vergleichbaren Service, mittlerweile auf allen Android-Geräten, an. Das Prinzip von Wallet-Lösungen: Apps, die das Mitführen der physischen Geldbörse unnötig machen. In einer virtuellen Wallet werden, sofern es kooperierende Partner sind, alle Karten und Zahlungsmöglichkeiten des Nutzers hinterlegt. Gezahlt wird wie gewohnt am Terminal – einfach Handy statt der Karte auflegen und fertig. Was sich für den Nutzer ändert? Kein langes Gesuche einzelner Karten mehr, während man unter Stress die Einkäufe versorgt. Und auch das Merken verschiedener PINs entfällt. Praktischerweise muss das Handy nur noch mit Fingerabdruck oder Gesichtsscan entsperrt werden.

Thema Sicherheit

Fingerabdruck? Biometrische und persönliche Daten? – Da war doch was? Die Sicherheit persönlicher Daten hat in Deutschland einen besonders hohen Stellenwert. Besonders im europäischen Vergleich. Deshalb sind die Deutschen auch in Sachen alternativer Payment-Optionen und digitaler Währungen wesentlich skeptischer als andere Europäer. PwC hat in einer Befragung herausgefunden, dass die Hauptsorge der Deutschen beim Mobile Payment der Diebstahl und die potentielle Fremdnutzung ist. Mit 74 Prozent sehen die Befragten den größten Nachteil im Identitätsdiebstahl. Gerade einmal acht Prozent glauben, dass neue Payment-Methoden sicherer sind als die Etablierten.

Ein großes Problem: Vielen ist der Nutzen dieser Technologie noch nicht klar. Auch im stationären Handel ist eine flächendeckende Integration der NFC-Technologien noch in weiter Ferne. Die meisten Supermärkte haben entsprechende Terminals zwar mittlerweile integriert, leider können aber noch lange nicht alle Mobile-Payment-Anbieter an diesen auch genutzt werden. Weil die verschiedenen Händler unterschiedliche Terminals nutzen und nur mit ausgewählten Providern kooperieren ist das Thema aktuell noch sehr kompliziert.

Der Onlinehandel zeigt wie es gehen kann 

Im Onlinehandel wurden schon immer neue Technologien schneller adaptiert, als in anderen Branchen. Im E-Commerce haben die meisten Händler bereits begriffen, dass zu einem angenehmen Einkaufserlebnis mehr gehört als eine ansehnliche Produktpräsentation und diverse Filterfunktionen für die Artikelsuche. Die Signifikanz der angebotenen Payment-Optionen ist im Onlinehandel deutlich höher als im stationären Geschäft. Denn nirgendwo sind die Verkaufszahlen so stark von den Zahlungsmöglichkeiten beeinflusst wie im E-Commerce. Im stationären Handel hat der Kunde oft gar keine andere Wahl, wenn er das Produkt direkt mit nach Hause nehmen will, als so zu bezahlen wie der Händler will – Kundenorientierung sieht anders aus. Im Onlinehandel sucht sich der Käufer einfach einen Shop aus, der das Produkt und die gewünschte Zahlungsoption anbietet.

Online werden Käufe deutlich schneller genau deshalb abgebrochen. Im Checkout feststellen, dass man nicht so zahlen kann, wie man möchte? Das Aus für jeden Verkaufsabschluss und der Hauptgrund für abgebrochene Warenkörbe. 41 Prozent der Online-Kunden ärgern sich, wenn sie nicht mit der favorisierten Zahlungsart bezahlen können (Einkaufswelten 2017). Dieses Problem gehen die meisten Onlinehändler damit an, dass sie zumindest die gängigsten Zahlungsarten wie PayPal, SEPA-Lastschrift, giropay und Kreditkarte anbieten. Ein Fehler: Denn der Zielgruppen-Fit ist entscheidend! Was nutzt schon eine Rechnungskauf-Option, wenn der Großteil der Kunden eines Shops lieber in Raten zahlen würden? Deshalb sind neben einem benutzerfreundlichen Einkaufserlebnis im Shop auch der Checkout-Prozess und die Zahlungsoptionen ein entscheidender Servicefaktor für Kundentreue.

Fazit

Das bequemste und angenehmste Einkaufserlebnis zählt – dann kommt es auch zum Kauf. Gerade deshalb gehört dem Mobile Payment die Zukunft. Es ist nicht wichtig, ob wir noch mehr Zahlungsarten brauchen oder ob Einzelhandel und E-Commerce auf den Mehraufwand eingestellt sind. Wichtiger ist die Frage, können es Händler sich heute und morgen noch leisten dem Kundenwunsch zu widersprechen? Dabei kann es doch so einfach sein: Wer den Kunden so zahlen lässt, wie er es gerne hätte, der macht das Geschäft. Wir können nicht ignorieren, dass das Smartphone auf kurz oder lang zu unserer neuen Geldbörse wird. Es wird sich allein schon deswegen durchsetzen, weil es bequemer und praktischer ist. Was uns noch im Weg steht ist die Skepsis gegenüber dieser Technologie. Gewöhnen wir uns daran, dass unsere Leben mobiler werden!

Bildquellen

Previous Jira und Confluence: ab sofort kostenlos für kleine Teams
Next Effizientes Marketing Management: Vom Tool- und Touchpoint-Dschungel zur integrierten Digital-Marketing-Schaltzentrale

No Comment

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 × zwei =