Content is King – Über die Zukunft der Monarchie


Den Spruch, dass Inhalte der König sind, kann vermutlich niemand mehr hören. Doch es lohnt sich eine Beschäftigung damit. Denn 1. stellt sich die Frage nach der Königin und 2. ist es auch interessant, welche Zukunft die Monarchie hat? Droht uns vielleicht sogar ein Content-Schock?

Dass es heute vor allem auf den Content ankommt, wenn man im Web erfolgreich Geschäfte machen will, dürfte eine Binsenweisheit sein. Nicht umsonst setzen Unternehmen zunehmend Content Management-Systeme ein, um ihre Inhalte optimal an die Zielgruppen zu bringen. Am besten maßgeschneidert und personalisiert, mit Bildern und Videos ansprechend aufbereitet.

„Content Marketing“ ist das Buzzword des Jahres und steht für eine Strategie, über nutzwertige oder unterhaltsame, auf jeden Fall aber für die Adressaten relevante Inhalte Interesse zu wecken, Leads zu generieren und den Absatz für die eigenen Produkte oder Dienstleistungen zu steigern. Neben der eigenen Websites und Kampagnen-Landingpages spielen dabei auch die sozialen Netzwerke zunehmend eine wichtige Rolle.

Die Content-Königin: Engagement, Marketing oder Distribution?

Womit wir bei der ersten Frage wären: Wenn die Devise „Content is King“ gilt, wer ist dann die Queen? „Engagement ist die Königin“, antwortet zum Beispiel der amerikanische Internet-Marketing-Experte Mike Gingerich, „und die Krone für beide sind Bilder“. Seine These: In einer digitalen Welt, wo man jeden Tag massiv mit Inhalten bombardiert wird, reichen reine Texte nicht mehr aus. Um Aufmerksamkeit und vor allem Engagement der Adressaten der Botschaften zu erzeugen, seien zum Beispiel Fotos oder Infografiken notwendig. Denn der Mensch reagiere vor allem auf visuelle Reize – das gelte auch für das “Königspaar”.

In eine ähnliche Kerbe haut auch der gefeierte Keynote-Speaker und Buchautor Gary Vaynerchuk: „Content ist King, aber Marketing ist die Queen – und die schmeißt den Haushalt“. Was heißen soll: Die Inhalte mögen noch so toll sein, ohne eine clevere Verbreitungsstrategie erreichen sie nicht ihre Zielgruppen. Das bestätigt auch die aktuelle „Content Marketing Studie 2014“ der TBN Public Relations GmbH. Danach lassen 80 Prozent aller Unternehmen im B2B-Bereich in Deutschland „das mögliche Potenzial zur Lead-Generierung gänzlich ungenutzt und verpassen somit potenzielle Kunden“.

Bei White Papers und Webinaren zeigen sich erste Sättigungserscheinungen

Für die Studie ausgewertet wurden die angebotenen Kanäle sowie Informations- und Medientypen, die zum Einsatz kommen. Im Vergleich zum Vorjahr hatten danach die untersuchten 230 deutschen Marktführern aus der Industrie-, Dienstleistungs- sowie der IT-Branche zwei eindeutige Favoriten bei der Content-Distribution: Das Angebot an White Papers nahm um 66 Prozent zu und es wurden über 300 Prozent mehr Webinare angeboten. Andere Content-Formate wie eBooks oder Case Studies haben dagegen kaum zugenommen haben. „Zurzeit werden Marketingtools wie White Paper und Webinare immer beliebter, erste Abnutzungserscheinungen sind zu spüren. Wer also vorne dabei sein will, sollte sich zusätzlich andere Kanäle erschließen„, zieht TBN-Geschäftsführer Jens Fuderholz Bilanz.

Social Media ist dagegen auch 2014 für die analysierten B2B-Unternehmen ein wichtiges Thema. Google+ hat sich laut der Studie etabliert und den deutschen Platzhirsch XING auf Rang drei der beliebtesten sozialen Medien verdrängt. Während 90,97 Prozent aller untersuchten Unternehmen ein Facebook-Profil besitzen, nutzen 83,04 Prozent Google+. Im Vorjahr waren es nur 40,95 Prozent. Auch LinkedIn und Twitter sind für die Content-Verbreitung relevant.

Neue Vorzeigemodelle für erfolgreiches virales Marketing

News-Plattformen wie Viral Nova, Buzzfeed, Upworthy zeigen, wie das Prinzip heute funktioniert: Sie sind darauf spezialisiert, viralen Content in appetitliche Häppchen zu verpacken und ermutigen die Konsumenten mit allerlei Tricks, diese Inhalte möglichst auch weiter über Twitter, Facebook und Google+ zu teilen und somit neue Besucher zu generieren. „Content is King – aber Distribution ist die Queen und sie hat die Hosen an”, unterstreicht Jonathan Perelman, Vice President für Agenturstrategie bei Buzzfeed.

Das amerikanische Online-Portal, das nach Großbritannien, Australien, Spanien, Frankreich und Brasilien demnächst auch in Deutschland starten will, gilt als Vorzeigemodell für erfolgreiches virales Marketing – und wächst sich dabei immer mehr zum Konkurrenten traditioneller Medienunternehmen aus. Denn die kämpfen mit sinkenden Auflagen und zurückgehenden Werbeeinnahmen, während bei Buzzfeed („Buzz“ steht für Begeisterung, Gerüchte oder Rauschen) Nutzerzahlen und damit auch die Werbeeinnahmen kontinuierlich zulegen.

Nach eigenen Angaben besuchen jeden Monat weltweit 140 Millionen Unique User die Seite. 60 Prozent der Leser sind zwischen 18 und 34 Jahren alt. Das sind drei- bis viermal so viel wie die Online-Angebote von „The Guardian“ oder der „New York Times“ in den stärksten Monaten auf ihre Websites ziehen. 75 Prozent des Traffic werden durch soziale Netzwerke wir Facebook, Twitter und Instagram auf die Seite geleitet, die Hälfte über mobile Endgeräte.

Listicles und bewegte Bilder werden gerne geteilt

Das Erfolgsgeheimnis? Bei Buzzfeed werden die Inhalte so aufbereitet, dass sie möglichst unterhaltsam sind und häufig in den sozialen Medien geteilt werden. Zu einem großen Teil bestehen sie aus so genannten Listicles, Artikeln im Listenformat mit meist trivialem Content. Aber auch bewegtes Bildmaterial in Form von GIFs lockt Leser. Mittlerweile werden aber auch längere und investigative Artikel, sogenannte Longforms, produziert. Dazu beschäftigt das Portal rund 400 Redakteure und Korrespondenten an verschiedenen Orten auf der Welt. Das Grundprinzip auch hier: Bei Buzzfeed ist alles „shareable“: Ganze Artikel, einzelne Textabschnitte oder einzelne GIFs und Videos.

Finanziert wird das Portal komplett über Native Advertising. Die Werbung ist wie der redaktionelle Inhalt aufgebaut und lediglich mit einer gelben Hintergrundfarbe sowie mit dem Hinweise „Featured Partner“ gekennzeichnet. Das Erstaunliche sind dabei die überaus hohen Klickraten (CTR) von 1 % bis 3 %, was 20 Mal über dem sonst üblichen Durchschnitt bei Werbeangeboten liegt. Konsequent setzt Buzzfeed auf das Zusammenspiel von „Paid, Owned und Earned Media“. Laut Angaben der Portalbetreiber erzielt der Werbekunde im Durchschnitt einen Social Lift von 1,3. Wenn also z.B. 10.000 Views über bezahlte Werbung („Paid Media“) erzielt werden, erhält er zusätzlich noch 3.000 Views über das Teilen („Earned Media“).

Droht mittelfristig ein Content-Schock durch Übersättigung?

Und nun zur zweiten Frage: Ist der Buzzfeed-Ansatz die Zukunft der Content-Monarchie? Schwer zu sagen. Denn immer mehr Inhalte, selbst wenn sie mundgerecht aufbereitet werden, überfordern die potenziellen Nutzer. Laut diverser Studien sind wir mit acht bis zehn Stunden Medienkonsum am Tag an der zeitlichen Maximalgrenze dessen angelangt, was noch aufgenommen werden kann. Und auch noch bessere Filter, klügere Algorithmen oder mobile Endgeräte können daran nichts ändern.

In den USA macht nach dem Hype um Content-Marketing deshalb zusehends das Schlagwort „Content-Schock“ die Runde. Einer der Vordenker ist hier der Marketingexperte Mark W. Schaefer, der von einem mittelfristigen Scheitern der Content-Marketing-Strategie ausgeht: „Schon in naher Zukunft ist es nicht mehr möglich, mit Inhalten und stetiger Präsenz zu überzeugen.“ Es seien einfach zu viele Anbieter, die um die Aufmerksamkeit der Verbraucher mit ihrem begrenzten Zeitbudget buhlen.

Es geht bei „Content is King“ also zunehmend um eine Marktverdrängung, bei denen viele Inhalte ins Hintertreffen geraten und nicht mehr wahrgenommen werden. Schaefer rechnet damit, dass sich letzten Endes der „dickste Geldbeutel“ durchsetzt, die Einstiegshürden höher werden, das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei diesem Ansatz kippt und er sich dann nicht mehr lohnt. Allerdings räumt er auch ein: Ob und wann der Content-Schock tatsächlich eintritt, hängt vom Geschäftsmodell, der Branche und einer Menge anderer Faktoren ab – für einige Unternehmen ist er noch Jahre entfernt, für andere kann es schon morgen soweit sein.

Doch bis dieser Zustand eintritt (wenn es in Deutschland überhaupt in absehbarer Zeit geschieht), bleibt es dabei: Inhalte sind der König. Und Firmen müssen sich für ihre Content-Strategie Nischen suchen, die noch nicht übersättigt sind, und mit Inhalten von hoher Qualität und maximaler Zielgruppenrelevanz befüllt werden können. Dadurch lässt sich eine thematische Autorität bei Nutzern und Suchmaschinen aufbauen, die sich bei der Erzielung von Reichweite und Leadgewinnung auszahlt.

Vor allem in den kleinen und mittelständischen Unternehmen des B2B-Bereichs schlummert noch viel Expertenwissen, dass genutzt werden kann. Gerade diese Firmen sind heute noch weit davon entfernt, mit relevanten Inhalten zu den eigenen Produkten oder Dienstleistungen den Markt zu überschwemmen und können deshalb ihr Know-how für ein effizientes Content-Marketing nutzen.

10 Tipps für Inhalte, die gerne geteilt werden

Der Social Analytics Spezialist BuzzSumo hat in den letzten Monaten 100 Millionen Artikel im Web ausgewertet, um herauszufinden, welche Art von Content in sozialen Netzwerken am erfolgreichsten geteilt wird. Wer seine Inhalte – im perfekten Zusammenspiel von König und Königin ­– möglichst optimal  unters Volk bringen will, kann sich an dieser Checkliste orientieren:

1. Lange Artikel kommen besser an

Erstaunlicherweise werden – entgegen dem vielfach beschworenen Trend zum Häppchen-Content – längere Artikel eher geteilt. Aus der BuzzSumo-Studie geht hervor, dass Texte mit weniger als 1000 Wörtern die geringste Chance haben, in sozialen Netzwerken erfolgreich zu sein. Eine Maximallänge scheint es kaum zu geben, denn BuzzSumo empfiehlt, Content mit einer Mindestlänge von 2000 Wörtern zu veröffentlichen. Den meisten Erfolg können allerdings laut der Analyse Artikel mit einer Länge zwischen 3000 Wörtern und 10.000 Wörtern vorweisen.

2. Bilder sind der Renner

Artikel ohne Foto regen nicht zum Weiterverbreiten an. Laut BuzzSumo werden Beiträge mit mindestens einem Bild doppelt so häufig geteilt wie fotolose Artikel. Das gilt sowohl für Facebook als auch für Twitter. Außerdem – so der Tipp – ist es empfehlenswert, per Metadaten das Bild zu bestimmen, das in den sozialen Netzwerken zu dem jeweiligen Text angezeigt werden soll. Nur wenn das Bild auch tatsächlich inhaltlich zum Text passt, steigert es die sozialen Interaktionen.

3. Positive Emotionen helfen

Artikel sollten emotional sein, damit sie geshared werden. BuzzSumo hat ein Emotions-Ranking der 10.000 am meisten im Web geteilten Beiträge erstellt. Wenig erstaunlich: Auf den vorderen Plätzen rangieren positive Begriffe wie Ehrfurcht (25%), Lachen (17%), Amüsement (15%), Freude (14%) oder Empathie (6%). Negative Emotionen wie Ärger (6%) oder Traurigkeit (1%) bremsen dagegen das Teilen. Übrigens: Acht der zehn meist geteilten Artikel in den letzten Monate waren welche mit Quizfragen!

4. Listen und Infografiken sind beliebt

Auf die meisten sozialen Interaktionen kommen Infografiken und Listen. Videos und Anleitungen liegen dagegen überraschenderweise am unteren Ende der Skala der teilfreudigen Contentarten.

5. Zehner-Listen liegen ganz vorne

Ein interessanter psychologischer Effekt: Listenartikel mit 10 Punkten sind am erfolgreichsten. Auf Platz zwei landen die Listen mit 23 Elementen, dann folgen 16 und 24 Aufzählungen. Warum auch immer.

6. Vertrauenswürdiger Content wird eher geteilt

Content, der einen vertrauenswürdigen Eindruck macht, wird häufiger geteilt. Zu den Kriterien dafür zählt laut BuzzSumo die klare Hervorhebung eines Autors, am besten mit dessen Kurzvita. Außer bei Facebook, da spielt dieser Aspekt keine Rolle. Auf Twitter, Google+ und LinkedIn hat ein Artikel dagegen höhere Chancen geteilt zu werden, wenn der Autor klar erkennbar ist.

7. Influencer beschleunigen den Multiplikator-Effekt

Wenn Promis Artikel teilen, bringen sie in der Regel eine Lawine ins Rollen. Animiert man einen einzigen dieser Influencer dazu, den eigenen Artikel weiterzuverbreiten, wird er insgesamt im Schnitt fast 32 Prozent häufiger geteilt. Die Einbindung von vier „Beeinflussern“ führt zur Vervierfachung der Social Shares.

8. Alten Content öfter mal teilen

Die Halbwertszeit des eigenen geteilten Content liegt netzwerkübergreifend bei drei Tagen. Es kann also zur Reichweitensteigerung durchaus helfen, bereits veröffentlichten Content mehrmals zu teilen – in entsprechenden Zeitabständen. BuzzSumo empfiehlt mindestens eine Woche Wartezeit.

9. Dienstag ist der beste Tag

Der beste Tag, um einen Artikel zu veröffentlichen, damit er auf sozialen Netzwerken möglichst oft geteilt wird, ist Dienstag. Das gilt für alle sozialen Netzwerke außer Pinterest und LinkedIn. Hier ist der beste Tag zum Teilen der Montag.

10. habe ich eigentlich nicht

Aber wegen Punkt 5. musste ich hier irgendetwas schreiben.

Virale Erfolge sind kein Zufall

Ob diese Vorschläge bei uns alle funktionieren, wird man ausprobieren müssen. Denn es hängt auch von den Inhalten und der jeweiligen Zielgruppe ab, ob sich Content von Unternehmen tatsächlich viral weiterverbreitet. In seinem Buch „Contagious: Why Things Catch On” behauptet Jonah Berger, Marketingprofessor an der Wharton School der University of Pennsylvania, dass virale Erfolge kein Zufall sind. Vielmehr sollen sie einem wissenschaftlich-nachweisbarem Muster folgen, das auf sechs menschlichen Beweggründen basiert:

  1. Social Currency – Menschen leiten Inhalte weiter, die ihr eigenes Prestige steigern, etwa Geheimtipps, die ihr Insiderwissen bekunden.
  2. Triggers – Sie teilen Content, wenn sie aktiviert werden, etwa über eine Marketingkampagne oder aktuelle Ereignisse.
  3. Emotion – Sie teilen Inhalte, die ihnen nahe gehen, sie belustigen, sie verärgern, sie berühren.
  4. Public – Sie folgen dem Herdeneffekt, und leiten das weiter, was auch andere weiterleiten.
  5. Practical Value – Sie leiten praktische, wertvolle Inhalte weiter —Content, von dem sie meinen, andere könnten ihn ebenfalls gut gebrauchen.
  6. Stories – Sie teilen engagierende Inhalte, Stories, packende, interessante Geschichten.

Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man das nächste Mal wirksamen Content erstellen will. Und jetzt bin ich gespannt, wie oft dieser Artikel geteilt wird.

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