Chefredakteur oder Manager? Der Intranet-Verantwortliche in neuer Verantwortung


Chefredakteur oder Manager? Der Intranet-Verantwortliche in neuer Verantwortung

Chefredakteur oder Manager? Das ist die zentrale Frage dieses Beitrags. Ein Intranet gehört in vielen Unternehmen zum vertrauten Inventar, ist ein meist über Jahre gewachsenes System, das mehr oder weniger erfolgreich ist. Auch die Diskussion um Web 2.0 mit dessen Forderung nach einem „social web“ hat einigen Wirbel in die Unternehmen gebracht, der sich direkt auf das Intranet auswirken wird. Neuerungen stehen an. Das ist ein guter Zeitpunkt sich über einige grundsätzliche Fragen zur Stellung des Intranets in einem Unternehmen klar zu werden:

Welche Erwartungen werden mit dem Intranet verknüpft und welchen Anforderungen muss sich ein Intranet-Verantwortlicher stellen? Der Intranet-Verantwortliche steht im Spannungsfeld dreier Stakeholder: Mitarbeiter, Redaktion und Geschäftsleitung bilden drei Gruppen mit unterschiedlichen und in Teilen gegenläufigen Ansprüchen. Um ein erfolgreiches Intranet zu leiten, muss er die Erwartungen kennen, daraus Anforderungen an seine Arbeit ableiten und operative Maßnahmen ergreifen.

Die Mitarbeiter – Nutzerorientierung

Für die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit dem Intranet zu sorgen, heißt in erster Linie die bekannten Usability-Grundsätze umzusetzen: Das lässt sich am besten erreichen, wenn schon bei der Konzeption die Bedürfnisse der Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen. Einfache Bedienung, klare Navigationsstrukturen, nachvollziehbare Anordnungen der Themenbereiche und geeignete Suchfunktionen bilden die Basis für die Zugänglichkeit, und damit auch für die Akzeptanz des Intranets. Technische Pannen und Verzögerungen zu vermeiden, gehört zum selbstverständlichen Standard eines guten Intranets.

Die Mitarbeiter sind vor allem an Inhalten interessiert. Sie erwarten vom Intranet, dass sie dort aktuelle und wichtige Informationen schnell und sicher finden. Zu den wichtigsten inhaltlichen Qualitätskriterien zählen also Aktualität und Verlässlichkeit der Informationen. Die Fakten müssen stimmen, das Intranet als Ganzes muss glaubwürdig sein, so dass eine Rückversicherung über andere Kanäle – etwa Mitarbeiterzeitungen oder Schwarzes Brett – überflüssig wird.

Um über die Anforderungen seiner User auf dem Laufenden zu bleiben, muss der Intranet-Verantwortliche den Dialog aufrecht erhalten. Das kann auf unterschiedlichen Kanälen geschehen, etwa durch Feedback-Funktionen auf der Web-Site oder regelmäßig durchgeführte Evaluation der Nutzerzufriedenheit. Am erfolgversprechendsten ist es dabei, einfach immer am Mitarbeiter „dran“ zu bleiben. Eine gute Intranet-Redaktion arbeitet wie eine Art Lokalredaktion im Unternehmen, die über Abläufe, Themen, Brennpunkte und Erfolge informiert ist und für ihre Recherche die Kollegen direkt befragt.

Im besten Fall ist das Intranet für die Mitarbeiter im Arbeitsalltag unverzichtbar – doch um das zu erreichen, reicht inhaltliche Qualität und Nutzerorientierung oft nicht aus. Manchmal sind es fehlende Kenntnisse über die Software oder den Aufbau des Netzes, die den Mitarbeitern den Zugang und die Nutzung des Intranets erschwert. Die Organisation von Schulungen ist deswegen ein wichtiger Baustein für die User-Akzeptanz.

Schulungen ersetzen aber keinen ständigen Ansprechpartner für das Intranet, der für technische und inhaltliche Probleme eine koordinierende Anlaufstelle darstellt. Und – was sehr häufig vergessen wird – ein Intranet kann auch beworben werden! Eine geschickte Marketing-Strategie sorgt dafür, dass das Intranet und seine Funktionen im Gedächtnis der Mitarbeiter bleibt.

Die Redaktion und der Chefredakteur – Professionalisierung

Redakteure wollen wissen, worin ihre Aufgaben bestehen, auf welche Weise, sie sie ausführen sollen – und im Idealfall kennen sie auch die Idee, die ihrer Arbeit zugrunde liegt.

Die häufigsten Ursachen für unzureichende redaktionelle Qualität im Intranet sind mangelnde Orientierung und fehlende Vereinbarungen. Als Rahmen für ihre Arbeiten brauchen die Redakteure ein klares und eindeutiges Redaktionsleitbild als Arbeitsauftrag, das schriftlich fixiert sein muss. Darin können übergeordnete thematische Linien skizziert, die Ausrichtung und die wichtigsten Funktionen beschrieben und das inhaltliche Selbstverständnis formuliert werden.

Für die Alltagsarbeit werden daraus in einem Style-Guide oder Stilbuch detaillierte Qualitätsvorgaben abgeleitet, die für die redaktionelle Arbeit bindend sind. Wenn solche verbindliche Vorgaben fehlen, ist ein gleichbleibendes Niveau kaum zu halten, gerade wenn z.B. neue Redakteure oder Kollegen anderer Abteilungen eingebunden werden müssen. Daneben schaffen klare Arbeitsabläufe Raum für Qualitätssicherung und Kreativität.

Aber noch zögern Intranet-Beauftragte mit der Einführung eines Workflows, wie die Content Studie 2007/1 zeigt: Nur 39% der Intranet-Redaktionen arbeiten mit einem definierten Workflow, bei ihren Kollegen im Internet sind es 51%. Viele Prozesse verlieren an Fehleranfälligkeit, wenn sie als Routinen festgelegt werden. Vor allem Freigabeprozesse laufen oft Gefahr auszuufern und die Redaktionsarbeit zu blockieren. Das hat Auswirkungen auf die Aktualität der Beiträge und die Motivation der Redakteure.

Die beiden größten Hürden für den Intranet-Verantwortlichen – das zeigen die Ergebnisse der Content Studien – stellen die dezentrale Organisation der Redaktion und die Ausbildung der Redakteure dar, beides wichtige Faktoren für die Qualität der Inhalte und den reibungslosen Ablauf der Arbeitsprozesse. Die Mitarbeiter sind häufig auf unterschiedliche Abteilungen verteilt oder zusätzlich mit anderen Aufgaben betraut. Das erschwert die Steuerung und führt zu Prioritäts- und Loyalitätskonflikten bei den Mitarbeitern.

Um daraus resultierenden Problemen vorzubeugen, sollte der Intranet-Verantwortliche auf den Einsatz von Organisationshilfen für einen optimierten Informationsaustausch nicht verzichten. Konkret heißt das, ein Bündel abgestufter Konferenzformen zu schaffen, von der täglichen Konferenz, über Themenplanungs- und Strategiekonferenzen bis hin zu resümierenden Jahreskonferenzen. Besonders wichtig ist, dass der Teilnehmerkreis verbindlich festgelegt ist und die Teilnahmeverpflichtung mit oberen Managementebenen abgestimmt ist.

Ergänzend kann er Stellenbeschreibungen in Betracht zu ziehen, die den Stellenumfang und die Aufgaben genau beschreiben sowie Jahresgespräche, die zur individuellen Zielvereinbarung zwischen Intranet-Verantwortlichem und Redakteur dienen.

Der Wandel eines unspezifischen Intranet-Teams in eine professionell arbeitende Redaktion“ so kann das übergeordnete Ziel für den Intranet-Verantwortlichen gegenüber seinen Redakteuren lauten.

Das erreicht er nach innen durch die beschriebenen Maßnahmen und durch seine Person, in dem er als Chefredakteur agiert und in professioneller Hinsicht eine Instanz für die Qualität der Arbeit darstellt. Das übergeordnete Ziel muss er aber auch nach außen leisten, in dem er eine Lobby für seine Abteilung schafft. Denn für die redaktionelle Betreuung des Intranets ist die Teilnahme am Kommunikationsfluss eines Unternehmens unerlässlich.

Die Redakteure können die Bedürfnisse ihrer User nach prompter Information nicht erfüllen, wenn sie selbst nicht oder nur unzureichend über die Vorgänge im Unternehmen informiert werden. Findet die Arbeit der Redaktion bei der Unternehmensleitung Anerkennung, kann der Intranet-Verantwortliche ein großes As für die Motivation und Zufriedenheit seiner Redakteure zugespielt bekommen: ein leistungsbezogenes Entlohnungssystem als finanzielle Belohnung für gute Arbeit.

Die Geschäftsleitung und der Chefredakteur – Integration und Erfolgsmessung

In der Regel führt die Geschäftleitung ein Intranet ein, um die Effizienz des Unternehmens zu steigern und Geschäftsprozesse zu optimieren. Im Licht dieser Forderung stehen die Service-Funktionen des Intranets im Vordergrund, etwa als Werkzeug für die Verbesserung von Arbeitsabläufen oder als Plattform für die Zusammenarbeit im Unternehmen. Weniger deutlich sind die Kommunikationsfunktionen, die sich aber hervorragend dazu eignen, die Vision und Mission, das Leitbild sowie das Wertesystem des Unternehmens zu transportieren.

Eine Geschäftsleitung, die sich dieser Möglichkeiten bewusst ist, wird erwarten, dass sich das Unternehmensleitbild im Intranet widerspiegelt. Bei der Konzeption des redaktionellen Leitbildes ist es deshalb sinnvoll, das gesamte Wertesystem des Unternehmens als Orientierungsrahmen zu verwenden: Wenn sich ein Unternehmen z.B. „Offenheit“ auf die Fahnen schreibt, dann sollte das Intranet ein Ort sein, in dem Kritik möglich ist und Toleranz selbstverständlich.

Die größte Herausforderung für den Intranet-Verantwortlichen liegt wohl darin, der Geschäftsleitung deutlich zu machen, dass sich ein Intranet mit qualitativ hochwertigen Inhalten und geschäftlicher Erfolg keineswegs gegenseitig ausschließen und sie zu überzeugen, dass das Intranet als Teil der Unternehmenskommunikation eine strategische Führungsaufgabe darstellt.

Um gute Arbeit zu leisten, braucht er die Aufmerksamkeit und die Unterstützung der Geschäftsleitung, denn nur so erhält er ausreichend Ressourcen. Das gelingt, wenn er eine Wertschöpfungsdebatte in Gang bringen kann, denn ein Intranet schafft einem Unternehmen Mehrwert – und den kann man sogar messen. Dafür müssen Geschäftsleitung und Intranet-Verantwortliche Zielvereinbarungen abschließen, die konkret sind und allgemeine Floskeln vermeiden. Das Ziel „Das Intranet wird wichtigster Kommunikationskanal im Unternehmen“ kann nicht gemessen und nur schwer beurteilt werden. „Wir erreichen 80% der Belegschaft innerhalb von 24 Stunden mit einer Information“ – das kann mit einer einfachen Umfrage belegt werden. Wenn er die Wirkungsdimension seines Projektes durch Erfolgsmessung offen legt, geht der Intranet-Verantwortliche natürlich ein Risiko ein: Sein Scheitern ist viel offensichtlicher. Auf der anderen Seite ist es aber sein Erfolg auch. Und mit den Zahlen und Tendenzen hat er gute Argumente für weitere Planung in der Hand.

Drei zentrale Maßnahmen für den Chefredakteur

Zum Schluss ein kurzer Wechsel der Perspektive, weg vom Standpunkt der Stakeholder, hin zum Intranet-Verantwortlichen. Wie kann eine kurze Handlungsanweisung für den Intranet-Verantwortlichen aussehen? Hier die drei wichtigsten Maßnahmen:

  1. Steigern Sie die Qualität der Inhalte! Das erhöht die Akzeptanz beim User, die Motivation der Redaktion und ist ein Erfolgsnachweis für die Geschäftsführung.
  2. Regen sie eine Wertschöpfungsdebatte an! Machen sie deutlich, welchen Beitrag das Intranet zur Erreichung der strategischen Ziele des Unternehmens leisten können – das stärkt ihre Position und erweitert ihren Handlungsspielraum.
  3. Verwenden Sie ein Redaktionsleitbild als Steuerungs- und Marketinginstrument! Damit geben Sie dem Intranet ein individuelles Profil, das es für die Mitarbeiter unverwechselbar macht, an dem sich die Redakteure ausrichten können und die Geschäftsleitung überzeugt.

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