5 Fragen und Antworten zum Thema Programmatic Advertising


Über die Bedeutung von Programmatic Advertising wird seit längerer Zeit in der Werbewelt diskutiert. Ist es nur ein Hype oder gar ein Systemwandel, der die Branche nachhaltig verändern wird? Wir legen uns fest: Programmatic Advertising ist gekommen um zu bleiben.

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hat für das erste Halbjahr 2016 errechnet, dass alleine in Deutschland das durch Programmatic Advertising erwirtschaftete Volumen über 258 Millionen Euro betrug. Ein Anstieg von 51 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das Gesamtjahr wurde ein Volumen von 577 Millionen Euro prognostiziert. Eine weitere Zahl, die erstaunt: Bereits 2019 werden 50% aller Video- und Display-Ads weltweit programmatisch eingekauft.

1) Was ist Programmatic Advertising genau?

Im Deutschen hat sich der Anglizismus „Programmatic Advertising“, wie bei vielen anderen Tech- und Marketing-Begriffen, wohl langfristig in unserer Sprache verankert. Die „programmatische Werbung“, so die Übersetzung, bezeichnet den automatischen und individualisierten Ein- und Verkauf von Werbeflächen (Programmatic Buying) in Echtzeit (Real Time Advertising). Darüber hinaus beschreibt der Begriff auch die datenbasierte, auf einzelne Nutzer angepasste Aussteuerung (Targeting) von Werbeflächen.

Im Internet zum Beispiel werden also auf Basis der vorliegenden Nutzerdaten gezielt auf den Nutzer zugeschnittene Werbebanner ausgeliefert. Die Individualisierung der Werbeflächen geschieht dabei über einen Auktionsprozess, bei dem, nach der Überprüfung der Nutzerrelevanz für die Kampagne des Werbetreibenden, der Höchstbietende den Zuschlag erhält und den Werbebanner aussteuern darf. Dieser Prozess dauert üblicherweise nur wenige Millisekunden.

Die Vision der perfekten programmatischen Werbewelt: Werbungtreibende können dank verlässlicher Daten medienbruchfrei über alle digitale Touchpoints entlang der Customer Journey mit für jeden einzelnen Kunden in diesem Augenblick relevanten Botschaften kommunizieren. Teure Streuverluste und zeitaufwendige Buchungsprozesse sollen der Vergangenheit anhören. In der Realität sind wir von dieser Vorstellung noch entfernt. Themen wie Klickbetrug, Sichtbarkeit und intransparente Geschäftsmodelle sind aktuell noch präsent und verhindern eine schnellere Anpassung des Medieneinkaufes.

2) Was ist die Abgrenzung zum Real-Time-Bidding (RTB)?

Den Begriff Real-Time-Bidding kennt man schon etwas länger in Online-Marketing-Kreisen. RTB beschreibt in Abgrenzung zu Programmatic Advertising jedoch nur den Auktionsprozess. Bei diesen Auktionen können alle Werbungtreibende auf einem offenen Marktplatz gleichberechtigt um das Bieten auf entsprechende Werbefläche teilnehmen. Programmatic Advertising greift deutlich weiter.

Zum einen bezieht es auch, wie oben beschrieben, die datenbasierte und individuelle Aussteuerung mit ein. Zum anderen sind durch die Ausweitung der Technologie neue Transaktionsmodelle hinzugekommen, die nicht zwingend über RTB abgewickelt werden müssen. Dazu gehören beispielsweise Private Deals, die nur zwischen einzelnen Publishern und Werbungtreibenden geschlossen werden, oder Automated Guaranteed Modelle. Programmatic Advertising beschreibt also alle Prozesse, die Publisher und Werbungtreibende miteinander verbinden.

3) Wie genau läuft eine Auktion ab?

Der gesamte Gebotsprozess wird angestoßen, wenn ein User eine Website betritt, auf der sich Werbeflächen befinden, die mittels Programmatic Advertising monetarisiert werden. Über die angeschlossene Supply-Side-Platform (SSP) wird ein Bid-Request erzeugt und an die Demand-Side-Platform (DSP) weitergegeben.

Über die Bid-Request werden auch alle Auktionseigenschaften weitergegeben, die beispielsweise die Prioritäten der Transaktionsmodelle definieren. Über die DSP können dann alle Advertiser, Vermarkter und Agenturen, deren Kampagneneigenschaften (Targeting, Werbeformat, Preis etc.) auf den User und die freie Werbefläche passen, ihre Bids an die SSP abgeben. Der Höchstbietende erhält dann den Zuschlag nach dem „2nd-Price Auction“-Prinzip, nachdem er nur einen Cent mehr bezahlen muss, als das zweithöchste Gebot.

Nach der Auktion, wird der Werbebanner des Auktionsgewinners über einen iFrame in die Website des Publishers integriert und dem User angezeigt. Der gesamte Gebotsprozess erfolgt dabei innerhalb weniger als 100 Millisekunden und ist somit für den User während der Seitenladezeit nicht wahrnehmbar.

4) Sind Google und Facebook die neuen Programmatic-Supermächte?

Die Plattform-Dominanz von Google und Facebook verändert das Marketing-Ökosystem gerade radikal. Auch im Programmatic Advertising hat sich der Markt konsolidiert und die beiden Branchen-Riesen konnten einen Großteil des Marktes unter sich aufteilen. Einer Studie zufolge sollen die beiden Unternehmen bis 2020 einen Marktanteil von 85% weltweit erreichen. In diesem Szenario übernimmt Programmatic Advertising also wie prognostiziert den Online-Werbemarkt. Der Haken: Es ist nicht ein offenes, programmatisches Marktplatz-Modell, das die Werbe-Netzwerke ablöst, sondern ein neues Super-Netzwerk mit eigenem Ökosystem von Google und Facebook.

Die technische Umsetzung ist in einem freien Ökosystem sehr komplex. Google und Facebook haben es im Gegensatz zu anderen Unternehmen unter anderem geschafft CRM-Daten aufzunehmen, übergreifende Algorithmen zu nutzen, End-to-End-Tracking einzusetzen oder funktionierende Mobil-Formate einzuführen.

Der Branche steht eine Bereinigung bevor, die viele der Nischenanbieter aus dem Markt drängen wird. Das muss nicht zwingend schlecht sein, denn aktuell ist der programmatische Werbemarkt trotz der Versprechungen immer noch recht ineffizient, teuer und intransparent. Doch wie in anderen Bereichen auch kommt eine übermäßige Dominanz von zwei bis drei Markt-Akteuren immer mit negativen Begleiterscheinungen daher.

5) Ein Blick in die Zukunft: Ziehen auch TV, Radio und Außenwerbung nach?

Im Online-Bereich sind automatische Werbebuchungen schon länger verbreitet. Was mit Google AdWords und Real-Time-Bidding begonnen hat, wird nun bereits mit Programmatic Advertising weitergeführt. Aber auch klassische Medien werden zunehmend programmatisch. TV, Außenwerbung, Radio und sogar Print bereiten sich auf den Wandel in der Werbewelt vor. Während die Vermarkter mit dem aktuellen Modell noch glücklich sind, drängen die Kunden auf eine schnellere Transformation der etablierten Medienlandschaft.

Ströer beispielsweise, der Digital- und Außenwerbevermarkter, hat damit begonnen seine Public-Video-Bildschirme auf eine programmatische Verkaufsplattform aufzusetzen und Schnittstellen zu den Einkaufsplattformen der Agenturen eingerichtet. Über die Plattform können Bewegtbild-Kampagnen zum Beispiel anhand von Wetterdaten in Echtzeit ausgestreut werden.

In der Radio-Welt nimmt Spotify eine führende Rolle beim programmatischen Wandel ein. Der Musikstreaminganbieter hat damit begonnen sich weltweit selbst zu vermarkten. Spotify verfügt über sehr genaue Nutzerprofile seiner Kunden und kann somit Kampagnen deutlich zielgerichteter ausspielen als klassische Vermarkter. Ein wichtiger Grundsatz im Programmatic Advertising: Wer über die besten Daten verfügt gewinnt. Spotify liegt mit seinen exklusiven Vermarktungs-Wegen also im Trend.

Auch im TV-Bereich bewegt sich viel. Laut einer Studie sollen 2019 bereits 17,3 Milliarden Dollar weltweit für Programmatic-TV ausgegeben werden. Allerdings bremsen für den Moment noch einige Faktoren einen schnelleren Wandel. Noch verfügen zu wenige Haushalte über TV-Geräte mit dem neuen Standard HBBTV 2.0. Die technische Umsetzung ist im TV-Bereich noch komplexer als in den anderen Bereichen. Außerdem sind die Vermarktungsstrukturen in der TV-Landschaft verflochtener und schwerer aufzubrechen als in anderen Bereichen.

Fazit

2017 wird für Marketer ein Jahr großer Chancen. Die digitale Transformation wird real für ausnahmslos alle Branchen. Im Marketing wird künftig nahezu alles digitalisiert, automatisiert und auf Basis von Daten segmentiert. Jegliches Marketing wird also kurz- bis mittelfristig programmatisch. Programmatic Advertising ist in Theorie eine deutlich effizientere, einfachere und wirkungsvollere Möglichkeit digitale Werbeflächen zu buchen. In der Praxis funktioniert noch nicht alles wie sich die Player die programmatische Werbewelt wünschen. Doch eines ist sicher: Programmatic Advertising, also der automatische und individualisierte Ein- und Verkauf von Werbeflächen in Echtzeit, wird in Zukunft die Marketingwelt nachhaltig verändern.

Möchten Sie mehr zum Thema digitales Marketing erfahren? Dann laden sie sich jetzt unser kostenloses E-Book „Leitfaden Content Marketing – Strategie und Umsetzung“ herunter.

Bildquellen

  • coding-924920_1280: Contentpepper
Previous Ist die E-Mail krank, freut sich der Spam-Ordner
Next Die Customer Journey erfolgreich optimieren

No Comment

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

6 + 7 =