Headless ohne den Verstand zu verlieren


Es wird in letzter Zeit viel über headless Content Management geredet und geschrieben. Ausgangspunkt der Diskussion ist dabei meistens, dass es zwei Sorten CMS-Systeme gibt: Vollständig headless-Systeme, wobei für jeden neuen Touchpoint eine neue Präsentationsebene entwickelt werden muss, und seitenbasierte Systeme, die unzertrennlich mit der Desktop-Webseite verbunden sind. Die Wirklichkeit sieht viel nuancierter aus und bietet eine ganze Reihe an Möglichkeiten, die irgendwo zwischen diesen beiden Extremen einzuordnen sind. So gibt es zum Beispiel die Experience-as-a-Service-Lösung, wobei das CMS teilweise die Seitenwiedergabe versorgt, oder auch die Hybridlösung, die – genau wie ein headless CMS – Inhalte auf jeden gewünschten Kanal ausspielen kann und wobei die Präsentationsebene alle unterschiedlichen Kanäle miteinander verknüpft und untereinander synchronisiert. Auf diese Weise kreiert man eine headless Experience ohne dabei den Verstand zu verlieren.

Ein headless CMS kreiert Daten-Inseln
Um das Ganze etwas anschaulicher zu machen, könnte man eine Digital Experience auch mit einer Insel vergleichen. Die Interaktion mit den Website-Besuchern findet dabei an der Oberfläche statt, während Inhalte und Daten mittels unterirdischer Rohrleitungen hin und her transportiert werden. In einem vollständigen headless-Szenario kreiert man mit jedem neuen Kanal (Microsite, Mobile Website, In Store Display, Intranet usw.) den man hinzufügt eine neue, separate Daten-Insel. Dies hat zur Folge, dass jedes Mal eine neue Brücke sowie neue unterirdische Rohrleitungen gebaut werden müssen. Die unterschiedlichen Daten-Inseln die man auf diese Art und Weise schafft, kommunizieren nur schlecht miteinander, da sie alle individuell auf den letzten Stand gebracht werden müssen.

Ein hybrides CMS garantiert eine zusammenhängende Experience
Wenn man als Unternehmen auf Innovationsebene ganz vorne bleiben möchte und in der Lage sein will, sich Veränderungen im Markt anzupassen, ist es von größter Bedeutung, dass man schnell mit neuen Touchpoints experimentieren kann. Damit die Customer Journey dabei eindeutig bleibt, ist es wichtig, dass die unterschiedlichen Touchpoints Inhalte, Ressourcen und Daten untereinander austauschen können. Ein hybrides CMS ermöglicht dies. Statt mit viel Aufwand für jede neue Marketing-Initiative neue Brücken zu errichten, erweitert man einfach seine ursprüngliche Insel. Auf diese Art und Weise kann man ganz einfach neue Touchpoints unterstützen. Gleichzeitig sind diese Touchpoints in der Lage, Inhalte und Daten direkt mit der vollständigen digitalen Landschaft zu teilen.

Silos verhindern Personalisierung
Die größte Fallgrube und das größte Risiko eines headless CMS liegt denn auch in der Tatsache, dass in Silos organisierte Systeme grundsätzlich nicht oder schlecht miteinander kommunizieren. Das gilt nicht nur für unterschiedliche Touchpoints, sondern auch für Teams, Ressourcen und Integrationen mit anderen Systemen. Auf Präsentationsebene bewirkt diese fehlende Uniformität eine fragmentierte Kundenreise, wobei jeder Touchpoint ein anderes Look & Feel hat, einen anderen Informationsstand wiedergibt oder eine unterschiedliche Message austrägt. Eine derart gebrochene Kundenreise ist in der heutigen Zeit nicht mehr akzeptabel. Für den Kunden macht es keinen Unterschied, welchen Kanal er gerade benutzt. Er erwartet überall das gleiche perfekte Erlebnis.

Unter der Oberfläche, dort wo alle Daten und Inhalte sich befinden, bewirken headless Silos ein noch viel größeres Problem: Sie verhindern Personalisierung. Für cross-channel Personalisierung ist ständige Kommunikation zwischen allen Touchpoints und externen Applikationen wie CRM-Systemen und Transaktionsplattformen unabdingbar. In einem vollständigen headless Szenario kommt Personalisierung denn auch allzu oft mit Ruckeln und Zucken zum Stillstand.

Echte Flexibilität ist Flexibilität für jeden
Der Grund weshalb in letzter Zeit soviel über headless CMS geredet wird, ist die vermutete Agilität beim kreieren neuer Touchpoints. In Wirklichkeit kreieren Unternehmen oft eine große Anzahl individueller Touchpoints, deren Unterhalt sich in der Praxis als schwierig herausstellt. Dies legt einen enormen Druck auf die Entwickler, die ständig die Funktionalitäten und Templates jeder einzelnen Integration im Auge behalten müssen. Aber auch auf die Marketer, die für jeden einzelnen Touchpoint neue Inhalte erstellen müssen. Außerdem gleicht das Publizieren neuer Inhalte ohne Präsentationsebene und ohne Vorschau-Option oft einen Schuss im Dunkeln – mit allen dazugehörigen Risiken.

Indem man Inhalte unabhängig von der Präsentationsebene speichert, kann man problemlos mit neuen Kanälen experimentieren. Wenn jede noch so kleine Änderung dieser Kanäle jedoch mehrere Abstimmungsrunden zwischen Marketing und IT erfordert, verliert man schon bald jene Flexibilität auf Grund dessen man sich gerade für eine headless-Lösung entschieden hatte.

Genau darin liegt die Kraft eines hybriden CMS-Systems: Nicht nur trennt es Inhalte und Präsentation, es verfügt ebenfalls über eine eingebaute cross-channel Präsentationsebene. Inhalte können dadurch format-neutral benutzt werden – etwas das die Entwickler freuen wird – und Marketer können ihre Inhalte auf konsistente Art und Weise über alle Kanäle verbreiten.

Nur Software-Unternehmen bauen ihre eigene Software
Viele Unternehmen entscheiden sich für ein headless-Szenario in der Hoffnung, auf diese Art und Weise eine Präsentationsebene schaffen zu können, die für jeden einzelnen Kanal genau die richtigen Vorlagen enthält. Doch nur allzu oft finden sie nach einiger Zeit heraus, dass wenn man selbst die dafür benötigte Software baut, man diese auch selbst warten muss. Das heißt, dass jeder Bugfix, jede Anpassung an den Wünschen der Kunden oder des Marketing-Teams, jede API für einen neuen Touchpoint und alle reguläre Wartungsarbeiten auf den Tisch des Entwicklungsteams landen. Dadurch transformieren die Entwickler innerhalb kürzester Zeit von Innovationstreiber zu Wartungsmitarbeiter der Präsentationsebene.

Neben der fortwährenden Wartung, die im eigenen Haus stattfinden muss, bedeutet die Entwicklung eigener Systeme auch, dass die Entwickler allen Wünschen der Marketingabteilung Rechnung tragen müssen. Die Einrichtung und Wartung von Vorlagen wird damit automatisch auch zur Aufgabe des Entwicklungsteams, da jede noch so kleine Anpassung die die Marketingabteilung durchführen möchte, wie zum Beispiel das Ändern einer Farbe oder Schriftart, den Einsatz der Entwickler erfordert. Unternehmen die weltweit aktiv sind, werden eine völlig neue Funktionalität entwickeln müssen, die es ihnen ermöglicht, Inhalte einfach zu übersetzen. Außerdem werden Unternehmen mit mehreren Autoren und Redakteuren einen ausgeklügelten Workflow mit den geeigneten Benutzerrechten entwickeln müssen.

Ohne Kopf aber nicht ohne Verstand
Es ist sehr gut nachvollziehbar, dass eine headless-Lösung für Unternehmen die ein statisches, seitenbasiertes CMS-System gewohnt sind, zunächst wie ein Himmelsgeschenk erscheint. In Wirklichkeit führt ein derartiges Szenario dazu, dass viele unterschiedliche Brücken zu isolierten Inseln errichtet werden, die zeitintensive Wartung verlangen und letztendlich eine Verzögerung der Betriebsprozesse verursachen werden. Der Grund dafür ist einfach: Eine headless-Konfigurierung gleicht einem Versuch, mit Klebeband zu reparieren was das CMS schon lange hätte lösen müssen.

In einer Welt in der die Anzahl an Touchpoints und Marketingtechnologien Tag für Tag wächst sollte die Möglichkeit Inhalte, Ressourcen und Daten über alle Kanäle hinweg zu teilen zu den Kernfunktionalitäten eines jeden CMS gehören. Wenn man seinen Kunden auf allen Geräten eine konsistente, interaktive und persönliche Erfahrung bieten möchte, braucht man eine Lösung die die inhaltliche Flexibilität einer headless-Architektur mit kanalübersteigender Konnektivität verbindet. Nur bekommt man datengetriebene Intelligenz in das Herz (und in den Kopf) des digitalen Markenerlebnisses.

Bildquellen

  • Headless Illustration 1: BloomReach
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